Mikrofonie
Allgemeine Definition:
Mikrofone wandeln Schallschwingungen in elektrischen Wechselstrom um.
1. Überblick über die verschiedenen Mikrofonarten
1.1 Wandlertypen
elektrostatische bzw. Kondensatormikrofone.
Da keine Bewegung stattfindet, nennt man diese Art "statisch"
elektrodynamische Mikrofone
Tauchspulenmikrofone
Kondensatormikrofone
Piezoelektrische Mikrofone
Es wird kein Luftschall gewandelt, sondern Körperschall (Stichwort: Ovationgitarre)
Widerstandsmikrofone (Kohlemikrofone)
Das Kohlemikrofon ist das weitverbreitetste Mikrofon der Welt. Es befindet sich in jedem Telefon.
Da der Frequenzgang aber sehr klein ist, ist es für den Studiobetrieb nicht erwähnenswert.
1.2 Anwendungen der Wandlertypen
Grenzflächenmikrofone
Grenzflächenmikrofone sind in eine Fläche eingelassen. Der Schall wird an der Grenzfläche reflektiert, und es entsteht ein Druckstau. Dadurch verdoppelt sich die Empfindlichkeit des Mikrofons (+6 dB). Außerdem nehmen Grenzflächenmikrofone keine Kammfiltereffekte auf. Wie ein Kammfiltereffekt entstehen kann, zeigt folgende Abbildung:
Der Reflektionsschall trifft später beim Mikrofon ein als der Direktschall. Dadurch verschiebt sich die Phase. Bei bestimmten Frequenzen kann sich das Signal auch auslöschen:
Wenn die Amplitude des Direktschalls und die Amplitude des Reflektionsschalls genau gleich sind, ist die Lautstärke des Signals doppelt so laut. Trifft hingegen ein Wellenberg und ein Wellental beim Mikrofon ein, löscht sich das Signal aus, je nach Frequenz. Die Übergänge sind fließend. Dadurch werden manche Frequenzen sehr gut, andere fast gar nicht übertragen, was man in dem folgenden Bild erkennen kann:
PZM (Pressure Zone Microphon) = Druckzonenmikrofon
PZM ist eine Anwendung für ein Grenzflächenmikrofon
Interferrenzempfänger (Richtmikrofon)
Der Interferrenzempfänger sieht folgendermaßen aus:
Abbildung 1 Das Richtmikrofon
Das Richtrohr ist so konzipiert, daß nur Schallsignale, die von der Seite kommen, aufgenommen werden. Es besitzt regelmäßige Einschnitte an der Oberfläche. Schallsignale, die an diesen Einschnitten auftreten, gelangen zwar auch in das Richtrohr, löschen sich aber mit den Signalen aus den anderen Einschnitten aus.
Diese Einschnitte sind notwendig. Hätte man die Einschnitte weglassen, wäre zwar auch wunschgemäß nur der von der Seite kommende Schall aufgenommen worden, aber der Klang hätte sich stark verändert (Tunneleffekt).
Abbildung 2 Das Richtrohr des Richtmikrofons
Lavaliermikrofon
Das Lavaliermikrofon ist ein kleines, rundes Mikrofon in Knopfform. Es überträgt sehr gut Sprache. Beim Fernsehen trägt es z.B. der Moderator einer Talkshow. Es hat eine drahtlose Übertragung.
1.3 Anwendungsgebiete und Auswahlkriterien von Mikrofonen
Studio |
- hohe Empfindlichkeit
- linearer Frequenzgang
- gutes Impulsverhalten |
Rock´n Roll (Bühne) |
- rückkopplungsarm
- robust
- preiswert
- muß hohe Schalldrücke abkönnen |
Theater |
- unauffällig
- muß gute Sprachübertragung besitzen |
Rundfunk |
siehe Studio |
Fernsehen |
- unauffällig
- muß drahtlose Übertragung ermöglichen
- gute Sprachverständlichkeit
- zuverlässig |
Film und aktuelle Berichterstattung |
- Richtcharakteristik
- Windschutz |
1.4 Die verschiedenen Mikrofonarten im Detail
Tauchspulenmikrofon
Vorteile |
Nachteile |
- robust
- brauchen keine Versorgungsspannung
- hohe Schalldrücke möglich |
- schlechtes Impulsverhalten
- nicht so linearer Frequenzgang |
Tauchspulenmikrofone haben eine Nennimpedanz von 200. Alle Tauchspulenmikrofone haben eine zweite Spule (Kompensationsspule). Diese kompensiert den Einfluß von Störmagnetfeldern. Tauchspulenmikrofone arbeiten oberhalb der mechanischen Resonanzfrequenz.
Abbildung 3 Die Resonanzfrequenz von Tauchspulenmikrofonen
Tauchspulenmikrofone nennt man auch Geschwindigkeitswandler, weil die Bewegung proportional in Strom gewandelt wird.
Wie testet man ein Tauchspulenmikrofon ?
Man verbindet Pin 2 und 3 des XLR Steckers mit einem Widerstandsmesser. Tritt ein unendlich großer Widerstand auf, ist die Spule im Mikrofon defekt.
Bändchenmikrofon
Bändchenmikrofone werden heutzutage selten eingesetzt. Sie fanden vor der Zeit der Kondensatormikrofone im Studio Anwendung.
Vorteile |
Nachteile |
- ausgewogene, warme Klangwiedergabe
- preiswerter als Kondensatormikrofone |
- temperaturanfällig
- nicht sehr robust
- geringe Empfindlichkeit (1 mV / Pa) |
Kondensatormikrofon
Es wird immer eine Spannungsversorgung benötigt
Vorteile |
Nachteile |
- linearer Frequenzgang
- hohe Empfindlichkeit
- Schallereignisse werden präzise in elektrische Signale umgeformt.
- gutes Impulsverhalten
|
- Preis
- Versorgungsspannung ist notwendig
- nicht robust
- niedriger Grenzschalldruck (120-130 dB)
|
1.5 Die drei Möglichkeiten der Spannungsversorgung bei Kondensatormikrofonen
Phantomspeisung
Wenn man ein Tauchspulenmikrofon versehentlich an eine Phantomspeisung anschließt, ist das nicht schlimm, da die Spule an 2 und 3 angeschlossen ist (beide +48 V) und dadurch kein Potentialunterschied vorhanden ist.
Tonaderspeisung
a und b haben ca. 12 V
Achtung:
Kein dynamisches Mikrofon an eine Tonaderspeisung anschließen. Kein Mikrofon an eine Tonaderspeisung anschließen, die Phantomspannung brauchen.
Elektretmikrofon mit Batterie
Die Batterie wird für den internen Vorverstärker gebraucht.
2. Empfängerprinzipien
Es gibt zwei Arten des Empfängerprinzips. Druckempfänger und Druckgradientempfänger. Beide Arten können im Kondensator-, Tauchspulen- und Bändchenmikrofon sein.
2.1 Der Druckempfänger
Mit einem Druckempfänger bekommt man immer eine Richtcharakteristik einer Kugel. Die Kugelcharakteristik eines Druckempfängers nähert sich für hohe Frequenzen einer Keulencharakteristik an. Dies hat zwei Gründe:
a.) hohe Frequenzen von hinten beugen sich nicht um die Kapsel herum, sondern werden reflektiert
b.) bei hohen Frequenzen wird die Membran bei seitlichem Schalleinfall nur noch partiell ausgelenkt.
Dadurch erfolgt ein Pegelverlust. Dies nennt man den Interferrenzeffekt. Bei kleiner Membran ist der Interferrenzeffekt geringer, aber der Rauschabstand ist auch geringer.
2.2 Der Druckgradientenempfänger
Mit dem Druckgradientenempfänger mißt man den Druckunterschied vor und hinter der Membran.
Das Schallsignal, das von vorne auf die Membran auftrifft, bewirkt ein volle Auslenkung. Seitlich eintreffende Schallsignale bewirken nur eine halbe Auslenkung der Membran und von hinten eintreffende Schallsignale werden ausgelöscht. Dadurch ergibt sich eine Nierencharakteristik
Die Nachteile des Druckgradientenempfängers sind:
- mit zunehmender Frequenz wird die Auslenkung der Membran stärker
- eingeschränkter Frequenzbereich.
Mit dem Druckgradientenempfänger kann man aber auch andere Charakteristiken erreichen:
2.3 Der Nahbesprechungseffekt (Proximity-Effekt)
Bei Druckgradientenempfängern tritt der Nahbesprechungseffekt auf, wenn die Schallquelle nahe am Mikrofon ist. Tiefe Frequenzen beugen sich um die Kapsel herum und treten durch das Laufzeitglied auch hinter der Membran auf und führen zu einer verstärkten Membranauslenkung. Hohe Frequenzen beugen sich nicht so gut um die Membran herum und werden auf der Rückseite nicht oder nur wenig wirksam. Dies gilt deshalb nur bei geringem Abstand zum Mikrofon, weil die hohen Frequenzen gerichtet am Mikrofon ankommen. Druckempfänger haben keinen Nahbesprechungseffekt. |